Chapeau Charcot

Erst im Februar 2017 erfuhr ich übrigens, dass ich bei mir ein Charcotfuß (Charcot-Arthrose/Arthropathie) - benannt nach dem Jean-Martin Charcot, dem Begründer der Neurologie - entwickelt hat. Das war doch schon ganz schöner Schlag ins Kontor, denn wer rechnet schon mit so etwas. Vor allem nach drei Auftenhalten in allen drei Recklinghäuser Krankenhäusern in dieser Sache. Keiner der mich behandelnden Ärzte hat mir davon etwas gesagt. Kann ja auch nicht, denn sonst hätte die Diabetische Fußambulanz in Herne mich damit nicht überrascht.

Er kommt auch äußerst selten vor. Ist es deshalb oder weil die Doktores keine Ahnung von diesem Krankeitsbild haben, es aber nicht zugeben? Gut möglich, denn nur rund 2-4 % aller Diabetiker mit einem Diabetischen Fußsyndrom (2-10% der Diabetiker Gesamtzahl für 2016 134.000-670.000), wie Dr. Gerald Engels, Vorsitzender des Netzwerks "Diabetischer Fuß - Köln und Umgebung e.V.", schätzt.

Die Häufigkeit liegt also selbst bei Diabetikern im Promillebereich (4020-26.800) also maximal knapp 0,4 Prozent. Dabei brechen Knochen unbemerkt, ohne dass die Betroffenen Frakturschmerzen empfinden, sodass eine Orthese besser gewesen wäre. Das ist so ein Skischuh, der als Gipsersatz verordnet wird und dem Patienten die Mobilität erhalten soll. Zudem erspart es den Krankenkassen teure Krankenhausaufenthalte. Kosten: knapp 200,00 €. Als ich in der Fußamulanz des EvK in Herne vorstellig wurde, verpasste mir der dortige Doktor so ein Gerät. Es ist zwar klobig, und ich sehe jetzt aus wie ein halber Robocop; er hat dafür aber so was Kommunikatives, ist es doch ein schmuckes Teil, auf das mich jeder anspricht, wenn ich vor die Tür gehe. Ich mache mir zudem immer einen Spaß daraus, wenn ich den verduzten Leuten hinterher erkläre, dass es nur eine kleine Blase ist, die ich mir gelaufen hatte. "Ach, sowas kriegt man dann verschrieben?" fragen die Passanten erstaunt. "Ja, aber nur dann, wenn man einen Charcotfuß hat!", entgegne ich dann immer amüsiert. Das fördert die Kommunikation und bringt gute Laune.

Da der Fuß ruhig gestellt werden muss, ist für ein halbes Jahr erst mal nix mit Cha-Cha-Cha. Ist aber auch nicht schlimm, denn ich war noch nie ein Tanzbär.

Der mir zu Weihnachten 2015 von meinem Diabetologen verordnete Vorfußentlastungsschuh hielt übrigens keine drei Monate, dann ging er aus dem Leim. Die Initiative Chronische Wunde e. V., (was es nicht so alles gibt) meint übrigens, ein Vorfußentlastungsschuh sei bei Diabetikern häufig nicht in der Lage, eine Vorfußentlastung zu gewährleisten. Dr. Alexander Risse, Chefarzt und Leiter des Diabeteszentrums im Klinikum Dortmund, meinte gar ich hätte den Arzt wechseln sollen, da er ein "Pannemann" - sprich: Pfuscher - sei.

Seit Februar 2017 bin ich Schwerbehinderter - GdB 50%, Merkzeichen G, kein Rollstuhlfahrer - und kann nun kostenlos mit Bus und Bahn durch Deutschland fahren. Wenigstens etwas. Das werde ich ausnutzen und die Gegend erkunden.